Against All Odds

Die faszinierende Geschichte der Schlagzeugerin Susanne Kahl

Susanne Kahl hat eine Passion: Das Schlagzeugspielen! Doch Susanne Kahl hat ein Handicap, von dem wohl die meisten meinen, dass es das Schlagzeugspielen unmöglich macht. Susanne Kahl spielt Schlagzeug im Rollstuhl: mit Groove und Power und voller Hingabe an die Musik. Ihre Geschichte ist sicherlich für Menschen mit einem Handicap, allerdings auch ganz besonders für diejenigen ohne ein solches inspirierend und motivierend. Susanne Kahl zeigt uns, was alles möglich ist, wenn man auch unmöglich erscheinende Ziele mit einer positiven Einstellung konsequent angeht.

Interview: Axel Mikolajczak
Fotos: Archiv Susanne Kahl

Susanne, wann hat es für dich mit dem Musikmachen angefangen, und warum ausgerechnet Schlagzeug?
Musik hat schon immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt. Mein erstes Spielzeug war ein „Shaker“; sobald ich krabbeln konnte, fand ich die Blockflöte meines Bruders ganz toll; im Kindergartenalter habe ich dann schon versucht, Songs auf dem Glockenspiel oder Kinderklavier nachzuspielen. Und seit ich denken kann, bin ich Fan von Guns N‘ Roses – mein Bruder hat mich früher immer verkleidet, dann haben wir die Musik laut aufgedreht und hatten viel Spaß!

Aber in der Grundschule hat alles so richtig angefangen, da war ich ca. 8 Jahre alt. Es gab eine Orff AG, in der man verschiedene Instrumente, wie z. B. Glockenspiele, Xylophone, Triangeln, Klanghölzer, Trommeln, usw. ausprobieren und erste Grundkenntnisse erlernen konnte.
Schlagzeug und Percussion fand ich schon immer toll, aber ehrlich gesagt wollte ich am Anfang gar nicht an der AG teilnehmen – wegen der Lehrerin… Zum Glück habe ich meine Meinung doch noch geändert! Durch die Musik hat sich das Verhältnis zu der Lehrerin um 180 Grad gedreht – wir haben uns auf einmal richtig gut verstanden. Besonders toll fand ich auch, dass nicht jeder für sich gespielt hat, sondern gemeinsam musiziert wurde. Als ich in der AG zum ersten Mal die „Große Trommel“ spielen durfte, war für mich alles klar!

Du hattest also von Beginn an Unterricht? Auch außerhalb der Orff AG?
Ja. Ein Schulfreund hat mir erzählt, dass er Schlagzeug-Unterricht bekommt – da wollte ich natürlich gleich mit hin! Der Unterricht wurde von einem Schlagzeuger aus dem „Blasorchester Dreieich“ angeboten. Die Schnupperstunde hat so viel Spaß gemacht, dass ich gleich mit eingestiegen bin.
Mit Snare Drum Rudiments ging es los – wobei öfters auch ein Holzstuhl als Ersatz herhalten musste! Nach einiger Zeit kam dann die Bassdrum dazu. Als das Zusammenspiel zwischen Snare und Bass gut geklappt hat, ging es mit dem kompletten Drum-Set weiter.

Und dann hast du angefangen mit dem Orchester zu spielen? Oder kam dann auch schon die erste Band?
Ja und nein – bis zur ersten Band hat es noch ein bisschen gedauert. Nach den ersten paar Unterrichtsstunden habe ich angefangen, im Vororchester zu spielen. Das war aber nur so schnell möglich, weil ich schon ein paar Vorkenntnisse hatte – Taktarten, Notenwerte, usw. kannte ich bereits aus dem Blockflöten-Unterricht. Als es dann mit dem Drum-Set losging, bin ich ins Jugendorchester gekommen.
Mit dem Jugendorchester hatte ich auch meine ersten Auftritte. Das Repertoire war relativ anspruchsvoll: Filmmusik, Musicals, Rock/Pop-Hits, aber natürlich auch ab und zu die „klassische“ Blasmusik. Mit etwa 12 Jahren durfte ich zusätzlich im Hauptorchester – dem „Großen Orchester“ – spielen. Zu dem Zeitpunkt war es mein Traum, beruflich etwas mit Musik zu machen bzw. Schlagzeug zu spielen. Ungefähr ein Jahr später hat sich dann alles geändert …

… als du deinen Unfall hattest, der zu deinem Handicap führte?
Genau – das war im Oktober 2003. Als ich Spike (unserem Hund, der leider schon verstorben ist) ein Spielzeug zum Apportieren wegwerfen wollte, habe ich meine rechte Hand an einem Marmortisch gestoßen. Erst dachte ich: „Es ist schon nicht so schlimm.“, aber meine Hand wurde immer dicker und tat auch ziemlich weh. Der Weg ins Krankenhaus war unumgänglich. Der Verdacht auf einen Knochenbruch bestätigte sich aber zum Glück nicht – es war angeblich „nur“ eine schwere Prellung. Die Heilung verlief allerdings nicht wie geplant. Ungefähr zwei Monate und einige Arztbesuche später (genau einen Tag vor Weihnachten) stand die Diagnose fest: CRPS! Auf Nachfrage, wie es jetzt weitergeht, meinte der Arzt erstmal nur: „Beten!“
[Zur Erklärung: CRPS steht für Complex Regional Pain Syndrome (komplexes regionales Schmerzsyndrom) und gehört zu den neurologisch-orthopädisch-traumatologischen Erkrankungen. Bis heute ist die Entstehung und Entwicklung nicht vollständig geklärt. Ein geringer Prozentsatz der Betroffenen ist resistent gegen jede bekannte Therapieform. Nach einer Verletzung oder OP klingen die Schmerzen nicht wie erwartet ab. Im Vergleich zum erwarteten Heilungsverlauf treten unangemessen starke Schmerzen auf und es kommen weitere Symptome hinzu, wie z. B. eine Änderung der Haupttemperatur und Hautfarbe, Atrophie (Abbau der Muskulatur), Kontrakturen (Verkürzung bzw. Schrumpfung von Muskeln, Sehnen oder Bändern), sowie Einschränkungen oder Verlust der Beweglichkeit bzw. Funktion und noch einiges mehr.]
Die Behandlung schlug bei mir leider nicht an – im Gegenteil: sie verschlimmerte alles nur noch! Zwei bis drei Monate später konnte ich meinen rechten Arm nicht mehr bewegen. Mitte 2004 bin ich dann mit dem linken Fuß umgeknickt und hatte einen Bänderriss. Kurz darauf wurde CRPS im linken Bein festgestellt. Die Behandlung im Krankenhaus schlug leider wieder nicht an. Seitdem sitze ich im Rolli.

Im Dezember 2004 folgte dann der nächste Krankenhausaufenthalt zur Behandlung bei einem Spezialisten. Es hieß, in circa sechs Monaten kann ich wieder laufen. Aber die Therapien verschlimmerten wieder alles nur. Die Ärzte haben unter anderem versucht, die Schmerzen mit einer PDA zu betäuben. Beim ersten Versuch passierte gar nichts. Beim zweiten Versuch habe ich gleich gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt… Im linken Bein keine Veränderung; im rechten Bein plötzlich starke Schmerzen und keine Kraft. Das mit der Kraft habe ich blöderweise erst beim Umsetzen gemerkt. Mein rechtes Bein war vor der Behandlung ja noch gesund – ich konnte auf einem Bein stehen und mich ganz einfach umsetzen. Als ich von der Liege aufstehen und mich wieder in den Rolli setzen wollte, bin ich fast auf dem Boden gelandet; mein Bein ist einfach eingeknickt! Zum Glück hat mich ein Arzt blitzschnell aufgefangen. Aber seit dem Behandlungsversuch ist auch das rechte Bein betroffen. An Schlagzeug spielen und meinen Traumberuf war erstmal nicht zu denken!

Wie bist du mit diesem unfassbaren Schicksalsschlag denn umgegangen?
Am Anfang dachte ich ja, dass alles wieder gut wird. Nach dem letzten Krankenhausaufenthalt wurde mir so langsam klar, dass es vielleicht doch nicht so wird wie vorher. Beim Erste-Hilfe-Kurs in der Schule haben wir mal ein Szenario nachgestellt: Eine Person sollte nach einem schweren Autounfall mit einem bestimmten Griff geborgen werden. Ein Mitschüler meinte dann, wenn die Wirbelsäule verletzt sei, würde er lieber sterben, als ein Leben lang im Rollstuhl zu sitzen. Da war ich echt geschockt! Mir haben die Worte gefehlt … solche Gedanken hatte ich zum Glück noch nie! Ich habe immer versucht, das Beste aus der Situation zu machen und habe schnell gemerkt, dass trotz Handicap eigentlich fast alles möglich ist. Zwar nicht mehr ganz so einfach, wir vorher – aber mit Hilfsmitteln geht es schon irgendwie.
In den nächsten Jahren habe ich viel Sport getrieben: Handbike, Tischtennis, Basketball, Kinder- und Jugend-Sport. Die Schule konnte ich mit einem Realschulabschluss beenden. Mit meinem damaligen umgebauten Auto habe ich sogar den Führerschein gemacht! Das Auto konnte ich über einen 4-Wege-Joystick steuern. Und ich habe eine virtuelle Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen.

Du hast dich also nicht entmutigen lassen, sondern bist sehr aktiv geworden, um dein Leben zu gestalten.
Genau, doch im Jahr 2008 kam dann der nächste Rückschlag: Als ich eines Morgens wach wurde, war meine linke Hand dick und tat weh – ich hatte mich wahrscheinlich im Schlaf leicht gestoßen. Einige Zeit später wurde auch im linken Arm CRPS festgestellt. Ich konnte nur noch meinen Kopf bewegen und saß in einem E-Rolli mit Kinnsteuerung. Über die Kinnsteuerung war es mir aber nicht nur möglich, den E-Rolli, sondern auch eine Computermaus zu steuern! So konnte ich meine Ausbildung im Jahr 2010 abschließen. Danach habe ich angefangen, im Büro unseres Familienbetriebes „Elektromeister-Kahl“ zu arbeiten.
Und dann kam der Durchbruch: Ich habe immer versucht, meine Arme und Beine zu bewegen bzw. mir Bewegungen vorzustellen. 2014 war es dann endlich soweit – da habe ich es tatsächlich geschafft, bewusst mit meinem Daumen zu zucken. Wir haben alle geheult vor Freude! Kurz darauf habe ich eine sehr gute Physiotherapeutin kennengelernt. Mit ihr habe ich hart trainiert und innerhalb von einem Jahr ging es richtig bergauf. Seitdem kann ich beide Arme wieder „ansteuern“ und in einem manuellen Rolli sitzen. Mit den Beinen hat es bisher leider noch nicht so funktioniert – aber ich übe jeden Tag!

Woher hattest du denn dann die Motivation, wieder mit dem Schlagzeugspielen anzufangen? Wie liefen Deine ersten Versuche dazu? Und wie hast du die Sache weiterentwickelt?
Nachdem es anfing bergauf zu gehen, kam so langsam der Gedanke, dass ich mit einem elektrischen Schlagzeug eventuell wieder ein bisschen spielen könnte. Im November 2014 sind wir nach der Physiotherapie spontan bei einem Musikhaus vorbeigefahren. Den Moment werde ich nie vergessen – ich glaube, die Mitarbeiter haben die versteckte Kamera gesucht! Aber ich durfte verschiedene E-Drums ausprobieren. Nach so langer Zeit wieder an einem Schlagzeug zu sitzen war einfach unglaublich! Es hat auch viel besser geklappt, als gedacht! Es war wie mit dem Fahrradfahren – irgendwie verlernt man das nicht. Leichte Beats waren gar kein Problem. Damals habe ich die Bassdrum aber noch mit den Armen gespielt und mir den Ton auf den Rand der Snare gelegt. Wahrscheinlich kannst du es dir schon denken – ich habe den Laden nicht ohne E-Drums verlassen!
Zuhause habe ich dann viel experimentiert: Was muss in welchem Winkel hängen? Wie kann ich ohne Probleme zwischen geschlossener und offener Hi-Hat wechseln? Wie kann ich z. B. Bassdrum, Hi-Hat und Snare auf einmal spielen? Mit der Bassdrum bin ich aber ziemlich schnell an meine Grenzen gekommen. Vor allem bei schnellen Tempi viel mir der Wechsel zwischen Snare und Bass schwer – und dann war da ja noch das Problem mit den drei Tönen!

Offensichtlich hast du auch das in den Griff bekommen. Doch wie hast du es geschafft, dann wieder in einer Band zu spielen?
Ja, ich hatte irgendwann eine Idee – aber bis dahin hat es noch ein bisschen gedauert. An Pfingsten 2015 war ich auf der Kerb in Dreieich und habe mal wieder bei einem Auftritt vom Orchester vorbeigeschaut. Dort habe ich Karten für das nächste große Konzert geschenkt bekommen und wurde eingeladen, bei einer Probe vorbeizuschauen. Genau drei Wochen vorm Sommerkonzert bin ich der Einladung gefolgt. In der Probe durfte ich gleich wieder mitspielen – aber erstmal nur Percussion. Es hat so viel Spaß gemacht und so gut geklappt, dass ich die Konzertkarte gegen einen Platz auf der Bühne eintauschen durfte.
In einer der letzten Proben für das Sommerkonzert saß ich dann das „erste Mal“ wieder an einem akustischen Schlagzeug. Das war eine ganz spontane Aktion: In der Pause wollte ich einfach mal wieder ausprobieren, wie es ist, an einem „echten“ Schlagzeug zu spielen. Mein Schlagzeuger-Kollege hat das mitbekommen. Da ich noch keine Lösung für die Bassdrum hatte, hat er sich eine Marching Bassdrum geschnappt, sich neben mich gestellt und den Bassdrum-Part übernommen.

Wir haben den Song „Tage wie diese“ von den Toten Hosen gespielt – das hat total gepasst! Das war so ein toller Moment – einfach unbeschreiblich! Alle haben sich mitgefreut und es hat so gut geklappt, dass ich den Song sogar beim Auftritt am Schlagzeug spielen durfte. Meine Familie und alle meine Freunde sind zu dem Konzert gekommen. Wir haben im Burggarten eine komplette Reihe abgesperrt, damit alle zusammensitzen konnten. Ich war so aufgeregt, aber es hat alles geklappt!

Mittlerweile spielst du ja auch die Bassdrum wieder selbst, und das nicht nur mit den Händen!
Ja, eines Tages habe ich mal wieder mit meinem Rolli gekippelt (das mache ich ziemlich oft) und das war die Lösung! Ich dachte: „Rolli = Beine … Wenn ich mit der kleinen Rolle auf das Pedal der Fußmaschine fahre und kippele, dann kann ich vielleicht die Bassdrum spielen.“ Und es hat tatsächlich geklappt! Das Problem war nur, dass ich immer wieder runtergerollt bin.

Mein Papa hat dann angefangen, eine Halterung zu entwickeln. Auf dem Foto sieht man links den Prototyp und rechts die aktuelle Version. Er hat aus Holz viele verschiedene Versionen gebaut. Das Ganze hat ein bisschen gedauert, weil wir erst noch die richtige Position für die kleine Rolle finden mussten – da kommt es auf jeden Millimeter an! Aber irgendwann hatten wir das Grundprinzip raus. Ein Orchestermitglied, das im Maschinen- und Apparatebau mit Sonderanfertigungen zu tun hat, hat mir dann eine Halterung aus einem Kunststoffblock gebaut. Die aktuelle Version wurde mit einem 3D-Drucker hergestellt und ist wesentlich leichter – das wirkt sich positiv auf das Spielverhalten aus.

Mittlerweile habe ich auch die für mich perfekte Fußmaschine gefunden, ein DW Direct Drive Single Pedal. Durch den Direktantrieb kann ich viel schneller und entspannter spielen! Und seitdem funktioniert es richtig gut – mein „wheel pedal“.
Im September 2015 habe ich mir dann noch einen großen Traum erfüllt: ein akustisches Schlagzeug. Am Anfang war es aber noch nicht ganz so groß, wie jetzt – es ist nach und nach gewachsen.

Du spielst ja nicht nur Solo-Schlagzeug, sondern auch mit anderen Musikern bzw. mit einer Band. Wie passt ihr das Ganze den gegebenen Umständen musikalisch an?
Neben dem Orchester hatte ich immer wieder einzelne Musikprojekte. Dieses Jahr habe ich meine eigene Band gegründet: SU-SOUND! Im Moment covern wir hauptsächlich, eigene Songs sind aber geplant! Wegen Corona konnten wir leider noch nicht so viel umsetzen, wie wir wollten, aber das geht im Moment ja fast allen so.
Musikalisch mussten wir den gegebenen Umständen bisher noch nichts anpassen! Neben meinem „wheel pedal“ habe ich aber noch ein paar andere Tricks, durch die ich relativ normal spielen kann. Zum Beispiel für die Hi-Hat – das Pedal kann ich ja noch nicht bedienen. Mein Trick: zwei Hi-Hats! Die eine ist geschlossene, die andere leicht geöffnet eingestellt. So ist es mir möglich, Effekte zu spielen. Und wenn normalerweise eine Doppel-Fußmaschine zum Einsatz kommt, unterstütze ich die Bassdrum mit meinen großen Floor-Toms. Wobei ich mit der Bassdrum immer schneller werde! Mein Rolli ist so kippelig eingestellt, dass ich die Bassdrum ohne großen Kraftaufwand spielen kann. Ich glaube, es ist einer der kippeligsten Alltags-Rollstühle auf der Welt!
Aber es gibt eine Sache, auf die wir bei Auftritten achten müssen: auf den Boden! Wenn der Untergrund nicht gerade ist, rolle ich entweder ins Schlagzeug rein oder vom Schlagzeug weg. Beides ist ziemlich blöd! Die einfachste Lösung wäre es, die Bremsen vom Rolli anzuziehen, aber ich brauche den Schwung zum Spielen! Deswegen habe ich mir extra ein kleines Podest angeschafft. Damit kann nichts mehr schiefgehen.

Wie geht es weiter? Woran arbeitest du zurzeit, um dir das Spielen zu erleichtern und/oder neue Spielmöglichkeiten zu schaffen?
Vor kurzem habe ich mein ganzes Drum-Set „auf den Kopf gestellt“, um mir das Spielen zu erleichtern und noch schnellere Fills spielen zu können. Vorher musste ich mir gut überlegen, ob ich es wirklich wage an meinem Schlagzeug etwas zu verändern. Denn es war ja eigentlich alles ganz okay und wenn der Versuch nach hinten losgeht, müsste der ursprüngliche Zustand ja wiederhergestellt werden! Aber ich hatte schon länger ein paar Sachen im Kopf, durch die es noch besser werden könnte. Unter dem Motto „HOP oder TOP“ ging es dann los.

* Neue Felle drauf:
Vor dem Fellwechsel hatte ich Dämpfungsringe im Einsatz. Die brauche ich jetzt nicht mehr. Darüber bin ich richtig froh – die sind nämlich öfters mal heruntergefallen. Aber es war der Wahnsinn, was sich unter den Fellen alles angesammelt hat.

Alles voller Holzspäne! Ich war ein bisschen geschockt – so sah es bisher noch nie aus!

* Tom-Halter ausgetauscht:
Vorher hingen zwei Toms an einem Halter. Jetzt hängt jede Tom an einem separaten Halter. Das hat mir viel gebracht, weil jetzt wirklich alles unabhängig voneinander eingestellt werden kann.

* Neue Positionen ausprobiert:
Eigentlich hat sich fast mein komplettes Set gegen den Uhrzeigersinn gedreht (so ziemlich alles, was am Rack hängt ist nach links gerutscht). Vorher war zwischen der Snare und den Floor-Toms eine relativ große Lücke. Jetzt ist alles viel kompakter und für mich einfacher bzw. schneller zu erreichen. Die Wege zu den Toms haben sich deutlich verkürzt. Vor allem der Weg zum 16″ Floor-Tom – das ist ungefähr 10 cm gewandert!

* Neue Winkel eingestellt:
Die Toms hingen vorher in einem ziemlich schrägen Winkel. Das ergab zwar einen sehr schönen Übergang zu den Floor-Toms, aber irgendwie hatte ich das Gefühl „gerader ist besser“. Viele Schlagzeuger/-innen haben die Toms ja fast ganz gerade hängen. Das habe ich dann auch ausprobiert, aber damit komme ich gar nicht klar; wahrscheinlich müsste ich dazu höher sitzen. Jetzt ist es so ein Zwischending – nicht gerade, aber auch nicht ganz so schief.

* Experiment mit den Mikros:
Die Mikrofone hängen nicht mehr oben, sondern unten! Der große Vorteil: Kein Störfaktor beim Spielen und keine Gefahr für die Mikros – unten kann ich sie ja nicht kaputt hauen! Wobei mir das bisher zum Glück noch nicht passiert ist. Aber ich muss damit noch weiter experimentieren.

* Experiment mit dem Beater:
In meinem Beater können insgesamt 4 Gewichte (oben/untern, links/rechts) eingesetzt werden. Mit den Gewichten habe ich jetzt auch mal wieder ein paar Versuche gestartet. Normalerweise spiele ich mit einem Gewicht, das oben eingebaut ist. Mit je einem Gewicht links und rechts bin ich halbwegs klargekommen. Die Bassdrum hat sich durch das höhere Gewicht etwas druckvoller angehört, aber dafür war alles viel schwerfälliger. Paradiddle-Übungen über 120 BPM waren mit dieser Einstellung zum Beispiel nicht mehr möglich. Deshalb haben wir die Gewichte wieder zurückgebaut und den Beater ein kleines bisschen nach oben versetzt. So habe ich mehr Druck und kann wieder schneller spielen. Apropos Bassdrum – eine spezielle Doppel-Fußmaschine wäre noch genial!

Ansonsten bin ich auf der Suche nach einem Schutz für meine Hände! Bei Unebenheiten oder kleinen Macken im Griffbereich der Sticks bekomme ich ziemlich schnell Blasen. Aber auch, wenn die Sticks zu heiß werden! Das Problem ist, dass ich keine klassischen Handschuhe anziehen kann. Ich habe meine Finger schon mit allen möglichen Verbandsmaterialien umwickelt, aber schon nach kurzer Zeit lockern sich die Verbände bzw. kleben die Pflaster nicht mehr. Ich habe auch ausprobiert, meine Sticks mit Tape zu umwickeln, aber leider hat es nur noch mehr Blasen verursacht. Individuelle Handschuhe wären wahrscheinlich die Lösung!  Bisher hat es aber leider noch niemand geschafft, für meine Hände welche anzufertigen. Also falls jemand eine Idee hat – ich freue mich über jeden Tipp!

Woran arbeitest du spieltechnisch und welche Dinge musst du deinem Handicap entsprechend dabei berücksichtigen?
Im Moment arbeite ich viel an meiner Stockhaltung bzw. Schlagtechnik. Meine Stockhaltung ist ja ziemlich speziell – die normalen Handgelenk-/Fingertechniken kann ich nicht einsetzen. Manchmal probiere ich stundenlang aus, welche Bewegungen ich machen muss, damit sich die Stöcke so verhalten, wie ich es möchte. Durch eine seitliche Bewegung mit dem Ellbogen kann ich zum Beispiel Schwung holen.
Vor kurzem habe ich erst herausgefunden, dass ich doch eine Art Fingertechnik habe – die „1-Finger-Technik“. Durch eine kleine Bewegung – mit dem rechten Daumen Richtung Zeigefinger und mit dem linken Zeigefinger Richtung Daumen – habe ich auf einmal viel mehr Rebound!

Rimclicks sind eine kleine Herausforderung für mich. Am Anfang ist es mir schwergefallen, zwischen den Stockhaltungen zu wechseln – da war der Stick meistens weg! Mittlerweile habe ich aber den richtigen Dreh raus! Als nächstes musste ich noch die richtige Bewegung für den Sound herausfinden – es ist gar nicht so einfach, ohne die „normale Handhaltung“ einen schönen Klick zu erzeugen! Bei mir sieht es ungefähr so aus, wie auf den Bildern gezeigt – ich feile noch an der Technik.

Was würdest du Menschen mit einem Handicap allgemein und auch im Besonderen empfehlen? Hast du zum Beispiel Motivations-Tipps?
Mmh, das ist nicht einfach zu beantworten. Ich kann eigentlich nur jedem empfehlen, nicht aufzugeben, positiv zu denken und an Träume zu glauben! Die Redewendung mit dem Glas ist ein ganz gutes Beispiel: Ist es halb voll oder halb leer? Ich denke, es fällt leichter, wenn man sich darauf konzentrieret was geht oder eventuell irgendwann wieder möglich ist und so versucht, das Beste aus jeder Situation zu machen. Damit bin ich bisher ganz gut „gefahren“.
Aber ich habe auch das große Glück, Leute um mich herum zu habe, die mich bei allem unterstützen – vor allem meine Familie. Darüber bin ich sehr dankbar! Ich meine, wer bastelt im Normalfall stundenlang an einer Lösung, wenn ich mit so Ideen wie dem „wheel pedal“ um die Ecke komme!? „Das ist unmöglich!“ oder „Du spinnst!“ sind glaube ich die normaleren Reaktionen.

Was hast du dir für die Zukunft noch vorgenommen?
Oh, wo soll ich da nur anfangen? Auf jeden Fall weiter trainieren, so oft es geht Schlagzeug spielen und ganz viele Auftritte mit SU-SOUND. Mir liegt es auch am Herzen, so vielen Menschen wie möglich zu zeigen, dass Schlagzeug spielen trotz Rolli bzw. Handicap möglich ist – und zwar ohne elektronische Hilfsmittel und ohne die Bassdrum komplett durch andere Trommeln zu ersetzen. Soweit ich weiß, bin ich weltweit bisher die einzige Person, die auf diese Art und Weise Schlagzeug spielt. Das würde ich gerne ändern!
Die nächste größere Aktion ist der Umbau meines Proberaums – wobei es eigentlich schon ein kleines Studio ist. Wir wollen eine Wand rausreißen, damit wir noch mehr Platz zum Proben haben und dann natürlich alles neu einrichten. Die erste Umbaumaßnahme ist in dieser Woche schon erfolgt: eine Klimaanlage! Jetzt können uns nur noch die Songs zum Schwitzen bringen!

Hier könnt ihr ein Drum-Cover-Video von Susanne anschauen:
THE WINERY DOGS – REGRET (DRUM COVER by SUSANNE KAHL) – YouTube

Internet

https://www.su-sound.de

facebook.com/SUxSOUND 

youtube.com

Equipment (Stand: Juni 2020)

Drums: DW Design Series
(Tobacco Burst Finish)
14″ Snaredrum
22″ Bassdrum
8″, 10″ und 12″ Toms
14″, 16″ und 18″ Floor-Toms

Cymbals:
Zildjian K Custom Dark:
14″ Hi-Hat
16″ und 18″ Crash
20″ Ride
8″ Splash

13″ Zildjian Dyno Beat Hi-Hat

20″ Meinl Byzance Vintage Equilibrium China

Percussion:
Tambourine, Agogo Bells, Cowbell, Wind Chimes, 13″ Gong
Hoop Crasher (bei Bedarf), Jam-Blocks (im Moment nicht montiert)

Electronic:
Roland SPD-SX


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