Interview aus dem STICKS-Archiv

Mark Schulman: P!nk-Drummer im Interview

Seit über 30 Jahren ist Mark Schulman einer der angesagten Tour-Drummer weltberühmter Bands und Artists. Seit einigen Jahren ist er mit Superstar P!nk weltweit bei immens erfolgreichen Tourneen durch die mehrfach ausverkauften Stadien der Welt unterwegs.

| Axel Mikolajczak

Bild: David Phillips

Unser Magazin verfolgt Mark Schulmans Karriere schon seit den frühen 1990er-Jahren, als er ein angesagter Live- und Studio-Drummer in der LA-Musikszene wurde und an der Los Angeles Music Academy den Rock-Kurs unterrichtete. Er spielte Produktionen und Tourneen mit Simple Minds, Foreigner, Richard Marx, Tina Turner, Sheryl Crow, Stevie Nicks, Destiny’s Child, Cher, Billy Idol, Velvet Revolver, Udo Lindenberg und vielen anderen mehr. Wir trafen uns anlässlich der Kölner Stadionshows von P!nk zu einem gemütlichen Frühstücksinterview am Rhein.

Interview


Hey Mark, weißt du, dass wir ein kleines Jubiläum feiern können? Unser erstes Interview mit dir für Sticks haben wir vor 25 Jahren geführt, und es ist schon wieder fünf Jahre her, dass wir uns das letzte Mal anlässlich eines Interviews getroffen haben. Wieder bist du mit P!nk unterwegs. Doch dieses Mal spielt ihr nicht nur in ausverkauften Hallen sondern in minutenschnelle ausverkauften Stadien. Seit wann spielst du eigentlich schon live für P!nk?

Das weiß ich ganz genau. Mein erster Gig mit P!nk war als Sub für ihren Drummer am 20. Dezember 2005 in Moskau, bei einer Art privatem Festival für russische Oligarchen auf dem Roten Platz. Ich war damals Drummer für Cher, und sie und P!nk hatten das gleiche Management. Dadurch bekam ich den Gig. 2006 hatte ihr Drummer sich wieder doppelt gebucht, allerdings für zwei komplette Wochen. Dabei ging es um eine Club-Tour als Vorbereitung für die folgenden Arena-Shows – und am Ende dieser zwei Wochen gaben sie mir den Gig. Seit dem Sommer 2006 bin ich jetzt dabei, 13 Jahre schon.

Die Club-Tour war also deine Audition für P!nk?

Ja, das kann man so sagen. Ich hatte nur eine Generalprobe, spielte die Gigs offensichtlich gut und passte musikalisch wie auch menschlich gut zur Band. Es fühlte sich einfach klasse an. In der Band spielen nicht nur gute Musiker, es sind auch sehr nette Menschen, es ist wie eine große Familie. Justin Derrico, unser Gitarrist, gehörte damals schon dazu, ebenso Jason Chapman, unser Musical Director und Keyboarder und Adriana, die Keyboarderin, die jetzt auch nach einer Babypause wieder dabei ist. Eva Gardner kam später dazu und ist jetzt auch schon viele Jahre dabei. Auch die Sängerinnen Stacey und Jenny sind wieder dabei, mit ihnen habe ich schon viele Jahre in der Tour-Band von Cher gespielt. Wir alle hatten schon zuvor hin und wieder gemeinsam in diversen Bands und für so einige Künstler gespielt. Diese Verbindung beruht auf langjährigen Beziehungen und Freundschaften.

Meinen Schlagzeugschülern sage ich immer: Your network is your net worth! Je mehr Menschen du in diesem Business kennenlernst und zu deinen Freunden und Kollegen zählen kannst, desto größer sind deine Chancen, immer Arbeit zu haben. Und es reicht nicht, jemanden einfach mal kennenzulernen, man muss diese Beziehungen auch pflegen! Wenn du dich nicht in Erinnerung bringst, dann denken die Leute auch nicht an dich, wenn sich mal eine Gelegenheit bietet. Ich glaube, dass ich deshalb erfolgreich bin, weil ich meine Beziehungen pflege und mich so immer wieder in Erinnerung rufe. Es ist wirklich so: out of sight – out of mind! Und ich denke lieber: in sight – in mind! Und es hilft auch sehr, wenn man grundsätzlich freundlich miteinander umgeht. Es ist mir schon ein paar Mal passiert, dass ich einen Job bekommen habe, weil ich gerade mit jemandem telefoniert hatte! Dann dachten sie eben einfach an mich, weil sie vor kurzem mit mir geredet hatten. So einfach kann es manchmal sein.

Ich bin auch nicht schüchtern – hey, ich bin ein Rockstar! – sondern gehe auf die Leute zu und bringe mich so ins Gespräch. Und dadurch bringen dich dann auch weitere Leute ins Gespräch, und du baust so dein Netzwerk weiter auf. Du solltest allerdings bei jeder Gelegenheit einen sympathischen Eindruck hinterlassen.

Bild: Lisa Skarell-Schulman

Das scheint dir ja nun oft genug zu gelingen.

(lacht) Das war schon immer etwas, was mir wichtig war, denn du weißt ja nie, wann und bei welcher Gelegenheit sich etwas entwickeln kann. Ich hab’ da mal ein Beispiel: Bei einer Session mit einem unbekannten Sänger in einem Vorortstudio in LA war sein Manager zugegen, hörte mich spielen, lernte mich kennen und sagte dann auf einmal: „Übrigens, Foreigner suchen gerade einen Drummer! Hast du Interesse?“ Also ging ich zur Audition, und da waren nur Foreigner-Chef Mick Jones an der Gitarre, ein Bassist und ein Sänger. Wir haben keine Foreigner-Songs gespielt, sondern einfach nur gejamt. Ich wusste nicht, dass das Ganze aufgenommen wurde, doch als wir es uns anhörten, meinte jeder, dass es sehr authentisch sei und der Spaß, den wir hatten, sehr gut rüberkommt. Wir gingen dann noch mit Sänger Lou Gramm ins Studio, und bevor ich mich versah, hatte ich den Foreigner-Gig.

Die Geschichte geht aber noch weiter. Nach ein paar Wochen hörte ich, dass Foreigner im Studio sind um ein neues Album aufzunehmen. Was war da los? Ich rief also Kevin Jones, Micks Bruder und Manager an, stellte mich vor und sagte, dass ich doch der neue Drummer sei und wieso ich denn nicht im Studio spielen würde?

Ganz einfach: Keith Forsey, der Produzent, der selber ein klasse Drummer ist, kannte mich und mein Drumming nicht und war sich daher nicht sicher, ob ich der Richtige wäre. Also hatte er Tal Bergman engagiert. Ich kannte Tal, rief ihn an und fragte, ob er mir Keith Forseys Telefonnummer geben könne, was er auch tat. Ich rief ihn an, stellte mich vor und sagte ihm, dass er, wann auch immer Tal keine Zeit für einen Job hätte, mich doch bitte als Drummer in Erwägung ziehen sollte.

Und tatsächlich rief er mich nach drei Monaten an für einen Filmmusik-Song mit den Pointer Sisters. Ich musste allerdings am nächsten Morgen im Studio sein und wusste nur, dass es ein New Jack Swing Groove sein sollte. Okay, also spielte ich meine Art eines hard hitting New Jack Swing Groove und habe das Ding in einem Take genagelt.

Als ich in den Control Room kam, hat mich Keith umarmt, war begeistert, und er hat mir seitdem viele Jobs gegeben. Unter anderem hatte er ja auch „Don’t You Forget About Me“ von den Simple Minds produziert und empfahl mich für deren Album „Good News From The Next World“, auf dem ich sieben der zehn Songs spielte und mit ihnen dann auch auf Tour ging. Auch den Gig mit Billy Idol habe ich durch Empfehlung von Keith bekommen. Also: Freundliches, aber selbstbewusstes Auftreten kann dich sehr weit bringen. Seid nicht schüchtern!

Das ist ja auch etwas, was du in deinem Buch „Conquering Life’s Stage Fright“ geschrieben und bei deinen Vorträgen als Motivational Speaker immer wieder sagst: „Man muss selbst aktiv werden, um positive Dinge geschehen zu lassen.“

Genau. Ich schreibe gerade an meinem zweiten Buch, und ein zentrales Thema ist unsere generelle Einstellung gegenüber den Dingen, die uns geschehen. Darüber haben wir meistens keine Kontrolle, aber wir haben immer die Kontrolle darüber, wie wir auf diese Dinge reagieren! Dein eigenes Verhalten gegenüber manchmal auch sehr schwierigen Situationen bestimmt dein Leben. Ich werde übrigens auch immer mehr als „Corporate Speaker“ bei Motivational Events großer Unternehmen gebucht. Und da nehme ich alle Erfahrungen, die ich bei meinen Drum Clinics gesammelt habe, um das Konzept meines Buches zu vermitteln. Ich mach das zu einer richtigen Rock Show und beziehe das Publikum aktiv mit ein. Das macht wirklich eine Menge Spaß, für den ich auch noch zehn Mal so gut bezahlt werde wie für eine Drum Clinic. (lacht)

Ich kann mich gut daran erinnern, dass du schon vor vielen Jahren bei einem Drum Workshop hier in Köln in einem kleinen Jazzclub die Leute ausgezeichnet motivieren und zum Mitmachen bewegen konntest. Und wo wir gerade beim Thema sind: Wann wird es denn mal wieder Drum Events, Workshops oder Master Classes mit dir in Deutschland geben?

Ich werde Pfingsten 2020 wieder bei „Drums’n’Percussion Paderborn“ sein, wo ich – vielleicht sogar zusammen mit Eva Gardner von unserer P!nk-Band – Workshops und Performances geben werde. Bei den Workshops wird es, ähnlich wie bei meinen Präsentationen als Motivational Speaker, vor allem auch um das Thema „Hacking The Rockstar Attitude“ gehen. Dabei liegt der Fokus auf der inneren Einstellung zum Musikmachen, zur Performance und wie man sich als Persönlichkeit auf der Bühne und auch sonst im Leben vorteilhaft präsentiert. Ich denke, ich kann den Studenten völlig neue Ideen vermitteln und Möglichkeiten aufzeigen, die sie noch nicht bedacht haben. Das Ganze wird natürlich sehr schlagzeugbezogen sein. Und wenn Eva dabei ist, werden wir sicherlich auch einen Fokus auf das Zusammenspiel als Bass/Drums Rhythm Section legen.

Mir geht es auch immer darum, zu zeigen, wie wichtig es ist, auf welche Art und Weise man etwas spielt. Es gibt Drummer, die spielen zu vorsichtig, und es sieht so aus, als zeigten sie keine Emotionen. Doch gerade dies macht bei einer Performance doch alles aus! Bei meinen Corporate Events spiele ich ja auch Schlagzeug, und um diesen Unterschied in der Einstellung und ihrer Auswirkung deutlich zu machen, spiele ich da mal einen Beat ganz ohne jede Emotion und dann so wie ich ihn als Mark Schulman spiele, mit voller Leidenschaft, so als hängt mein Leben von jedem einzelnen Schlag ab. Und genau das macht den großen Unterschied aus und ist vielleicht auch mit das Ausschlaggebende dafür, dass ich immer zu tun habe. Das habe ich übrigens von Billy Idol gelernt. Wenn der auf die Bühne ging hat er jeden Ton so gesungen als könnte es sein letzter sein!

Das ist dann der nächste Schritt: Jede einzelne Note, jeder einzelne Beat zählt. Immer! Das musst du erkennen und verinnerlichen, denn nur so erhältst du dir deine Leidenschaft für das, was du tust. Selbst bei einem so tollen Gig wie diesem hier mit P!nk könnte es durchaus passieren, dass man die Leidenschaft und Hingabe verliert. Ich vermeide das, indem ich wirklich jeden einzelnen Beat wichtig nehme! Das gibt dem Ganzen seinen Sinn und stärkt meine Leidenschaft für das Schlagzeugspielen. Und nur so kann ich auch nach 600 Mal einen Song mit der gleichen Leidenschaft und Hingabe spielen wie beim ersten Mal. Schließlich sind da im Publikum Menschen, die eine ganze Menge Geld dafür bezahlt haben, gut unterhalten zu werden.

Bild: Lisa Skarell-Schulman

Ist es dir denn schon mal passiert, dass du von einem Song richtig gelangweilt warst und du nur „business as usual“ abgeliefert hast?

Ja, witzigerweise bei Foreigner und beim Song „Feels Like The First Time“. Den hatte ich auch schon hunderte Mal gespielt. Doch als ich dann ins Publikum sah, wurde mir bewusst, dass es für viele von ihnen ja tatsächlich „the first time“ war! Wie kann ich also nur so selbstgefällig sein und ihnen nicht mein Bestes geben? Wie war denn meine „first time“ mit dem Song? Da kam ich schnell zurück auf den Boden der Tatsachen. Schau dir all die Drummer an, die wir bewundern und du wirst feststellen, dass für sie alle jeder Beat und jede Nuance zählt – darauf kommt es an!

Ich bin im Dienstleistungs-Business. Wenn ich nachher auf die Bühne gehe, dann diene ich P!nk, ich diene der Band, und ich diene dem Publikum. Schlagzeugspielen macht mich glücklich. Was kann ich also tun, um damit Menschen glücklich zu machen? Mit Hingabe und Leidenschaft die Performance spielen so gut es nur geht! Klar, wir machen alle Fehler auf der Bühne, doch davon darfst du dich nicht verunsichern lassen oder gar weiter drüber nachdenken, denn dann machst du nur noch mehr Fehler.

Mach denselben Fehler zwei Mal und es ist Kunst! So ähnlich hat es wohl Miles Davis mal gesagt.

(lacht) Das ist philosophisch! Philosophie, also das, was hinter den Noten steckt, ist das Wichtige. Sonst sind es einfach nur Noten auf dem Papier. Es kommt darauf, wie man die Musik interpretiert, um ihr Energie zu verleihen und ein besonderes Feeling zu transportieren. Das macht den Unterschied aus.

Ist es nicht leichter, einen Song Hunderte Male zu spielen, wenn man das in so großem Maßstab einer Stadion-Show macht wie du? Es ist vielleicht für Drummer, die in einer Cover-Band spielen, nicht ganz so einfach.

Na, was denkst du denn, was ich da mache? Das ist doch genau das Gleiche! Den Song „Who Knew?“ haben wir bei jeder Tour gespielt, das kann ich gar nicht mehr zählen, wie oft ich diesen Song gespielt habe! Die richtige Einstellung dazu ist folgende: Jammer nicht rum und sage dir, du musst jetzt wieder diesen Song spielen, sondern sei dankbar und denke: „Wow, ich darf gleich diesen Song spielen!“ Wenn du denkst, etwas macht dich unglücklich, dann tut es das auch. Denkst du, etwas macht dich glücklich, dann tut es das ebenfalls.

Es ist wirklich nicht immer so einfach, seine Einstellung zu etwas ins Positive zu verändern. Wenn man das nächste Mal zum Auftritt fährt, dann sollte man vielleicht nicht sagen: „Oh je, jetzt muss ich wieder diese verdammten Songs spielen!“ sondern sich sagen, „Hey, heute Abend werden wir wieder richtig Spaß haben – und ich darf Schlagzeug spielen!“ Das wird dann einer der besten Auftritte deines Lebens. Übrigens, ich hatte tatsächlich einige der schönsten Auftritte meiner Karriere in einem Club vor 25 Leuten. Und ja, es gab auch einige schlechte Auftritte vor 25.000 Menschen. Na ja, vielleicht nicht gerade schlechte, aber solche die nicht ganz so gut waren. (lacht)

Bild: Lisa Skarell-Schulman

Auf den Alben sind die meisten Grooves programmiert oder zumindest stark editiert. Hältst du dich live an diese Vorlagen oder spielst du mit der gleichen Energie und Intensität deine eigenen Interpretationen, so wie bei der letzten Tour?

Auf den Alben sind die meisten Sachen progammiert oder Loops aus Drum-Performances, was auch immer. Auf dem aktuellen Album spielt Taylor Hawkins, glaube ich, einen Track, und ich habe Grooves für einige B-Seiten und Tracks eingespielt, die es nicht aufs Album geschafft haben. Die meisten Tracks sind sehr sparsam, und P!nk singt sie so unglaublich gut, dass sie sich auch gut verkaufen. Als Band möchten wir die Songs live natürlich auf ein höheres energetisches Level bringen. Auf dem neuen Album ist der Song „Can We Pretend?“ der sehr dancy ist mit seinem EDM-Groove. Live spiele ich darüber einen kräftigen Rock-Groove, was übrigens meiner kleinen Tochter viel besser gefällt als die Album-Version. (lacht) Letztlich ist natürlich P!nk die Chefin, und ihr muss es gefallen, was wir da machen.

Ich hab da ein gutes Beispiel: Als wir 2017 die Songs des „Beautiful Trauma“-Albums probten, hatte sie dem Management gesagt, dass wir live die Songs so nah an den Album-Versionen wie nur möglich spielen sollten. Als wir „What About Us?“ probten, haben wir allerdings zwei Versionen vorbereitet. Auf dem Album besteht der Groove-Track fast nur aus einem Snap und einer Bassdrum und es gibt auch nur minimal Gitarren. Das Management bat uns, ihr zunächst die Version der Album-Produktion vorzuspielen.

Und P!nk meinte, nicht gerade wirklich begeistert, es sei okay. Dann stand ich auf und sagte: „Hey, wir haben noch eine andere Version vorbereitet, mit Big Toms und Crunchy Guitars!“ Als wir die dann gespielt hatten kam von P!nk nur ein glückliches „YEAH!“ Wir schauen also schon nach Wegen, wie man die Songs live mit mehr Energie und Power rüberbringen kann. Dabei geht es uns nicht um irgendwelche Musiker-Angebereien, sondern darum, wie man die Songs für die Live-Performance noch aufwerten kann. Wir sind eine Live-Band, also macht so was ja auch Sinn.

Wie ist denn der Vorgang bei den Proben? Wie bereitet ihr das vor?

Wir bekommen die gesamte Produktion als einzelne Spuren und nehmen erst mal das raus, was wir live spielen wollen oder was wir anders spielen möchten. Daraus machen wir also eine neue Version, bei dem der Rest dann zugespielt wird. Daraus entsteht dann ein cooler Hybrid aus den Zuspielern und dem, was die Band live spielt. Fast die gesamte Show läuft natürlich zu einem Clicktrack, der allerdings nicht nur für das Timing da ist, sondern auch zur Synchronisierung der gesamten Show-Elemente, Lightshow, Video-Einspieler, LED-Screens etc. Wir haben allerdings auch die Acoustic Section und einige freie Passagen.

Wie gestaltest du deinen Click?

Ich höre einen ganz einfachen Cowbell Beat in Viertelnoten, das funktioniert gut für mich. Der Pro Tools Clicksound ist eher so ein „pop“, das hat für mich noch nie funktioniert. Ich mag es mehr, wenn der Sound sehr tight und akzentuiert ist. Und ich habe den Click auch nicht wirklich laut im Mix. Sinn der Sache ist für mich, dass der Click von meinem Spiel überdeckt wird und verschwindet. Der Pro Tools Click ist übrigens etwa 20 Millisekunden vor dem Beat, so dass ich mit unserem Pro Tools Engineer sicherstelle, dass der Click auch wirklich synchron zu den Tracks ist. Ich will schließlich nicht die ganze Zeit vor der Musik her spielen, nur weil ich zu einem Click spiele! (lacht)

Ich spiele auch gern um den Click herum, es gibt also durchaus Songs bei denen ich etwas vor dem Beat spiele oder andere, wo ich ein wenig laid back spiele. Ich bin ja bekannt dafür, dass ich ein echter Timing-Freak bin, aber ich möchte das schon musikalisch gestalten.

Bild: Lisa Skarell-Schulman

Es ist ja auch die hohe Kunst einer Drum-Performance, dass man genau das richtig gut drauf hat.

Yeah! Mein Standard ist es allerdings immer, genau auf den Click zu spielen, das ist ein sicherer Kontrollpunkt. Mit dem Roland TD-30 und auch jetzt mit dem TD-50 Modul habe ich übrigens keinerlei Probleme mit Latenzen bei den getriggerten Electronic Drumsounds und Samples feststellen können. Den besten Rat zum Thema Clicktrack habe ich übrigens vor vielen Jahren von Joe Porcaro bekommen: „Denk einfach, der Clicktrack ist ein Percussionist mit perfektem Timing!“

In deinem Buch „Conquering Life’s Stage Fright“ erzählst du die Geschichte von der Audition für Bad English und dass der Keyboarder Jonathan Cain dir ein Metronom an den Kopf geworfen hat, weil du damals dauernd schneller geworden bist.

(lacht) Na ja, an den Kopf geworfen nicht gerade, er hat es eingestellt und mir mit den Worten zugeworfen: „Watch the light!“ Aber ja, in dem Moment fühlte ich mich, als hätte er mich tatsächlich mit dem Ding beworfen. Jedenfalls habe ich mir in dem Moment geschworen, dass mir nie wieder jemand sagen würde, dass ich schneller – oder langsamer – werde! Ich habe dann zwei Jahre lang den „Rhythm Course“ von Jamie Faunt mit dem Lehrer Tom Mendola studiert, wobei du deine interne Time kalibrierst, zum Beispiel durch das Klatschen zu einem Metronom in ganz langsamen und ganz schnellen Tempi und wieder zurück. Wichtig ist dabei auch die Dauer dieser Übungen, denn dem ganzen liegt das Phänomen des Entraining zugrunde. Wenn du lange genug zu einem Click spielst – oder zu einem Metronom klatscht – dann wirst du feststellen, dass du dich dem Click immer mehr annäherst.

Wie gestaltest du deinen Monitormix?

Im Prinzip ist mein Monitormix ein Front-of-House-Mix. Ich möchte schließlich nicht nur die Drums hören, sondern die Musik und wie ich mit der Band spiele. Glücklicherweise haben wir die Möglichkeit, dass jeder Musiker sich seinen Monitormix individuell gestalten kann. Laut im Mix sind Evas Bass, die Stimme von P!nk, weil ich gerne höre, wie sie phrasiert, dann Gitarre und Keyboards. Wir haben mit Horst einen sehr netten deutschen Monitormixer, der schon seit Jahren für uns arbeitet und unsere Vorlieben sehr gut kennt. Ich bin bestimmt kein sehr „delikater“ Spieler, doch ich bin auch kein totaler Heavy Hitter, ich spiele schon recht dynamisch. Nur fängt meine Dynamik vielleicht doch auf einem etwas höheren Level an. (lacht)

Ich wünsche dir, dass du deine Karriere auch weiterhin so erfolgreich auf diesem hohen Level und mit so viel Spaß weiterführen kannst. Vielen Dank Mark, für das wieder einmal sehr informative und unterhaltsame Gespräch!

Equipment

P!nk »Beautiful Trauma«-Worldtour 2019

Drums: Gretsch Broadcaster

  • 26“ × 14“ Bassdrum
  • 18“ × 16“ Floor-Tom
  • 16“ × 16“ Floor-Tom
  • 14“ × 10“ Tom
  • 12“ × 8“ Tom
  • 10“ × 8“ Tom
  • 8“ × 5“ USA Custom Concert Tom

Snaredrums: Gretsch

  • 14“ × 6.5“ Brooklyn Hammered Chrome over Brass Snaredrum
  • 12“ × 5“ USA Custom Mark Schulman Signature Snaredrum
  • 14“ × 6.5 USA Custom Solid Maple Snaredrum

Cymbals: Sabian

  • 15“ Groove Hats
  • 10“ AA Splash
  • 19“ AAX V-Crash
  • 18“ Evolution O-Zone Crash (w/rivets)
  • 19“ AAX X-Plosion Crash
  • 9“ Radia Chime
  • 20“ AA Raw Bell Ride
  • 19“ AAX X-Plosion Crash
  • 22“ AERO Crash (Prototype)
  • 18“ Evolution O-Zone Crash stacked on top of 18“ AERO Crash
  • 18“ Evolution O-Zone Crash (inverted)

Hardware: Gibraltar

  • Rack: Custom Design by Brent Barnett
  • 6711DD-DB G Series Double Bass Drum Pedal
  • 9707ML-LD Liquid Drive Hi-Hat

Sticks: Vic Firth

  • American Classic X55B Hickory Sticks
  • T3 Staccato Mallets
  • RUTE 505 Multirods (plastic bristles/vinyl handle)
  • T3 Staccato Mallets
  • Corpsmaster Timpani Mallets

Felle: Remo

  • Bassdrum Schlagfell: Powerstroke 3 clear black dot
  • Bassdrum Resonanzfell: Remo Emperor Black mit Custom Design Logo
  • Snaredrums Schlagfelle: Emperor X coated
  • Snaredrums Resonanzfelle: Ambassador Snare
  • Toms Schlagfelle: Emperor clear oder Colortone Emperor
  • Toms Resonanzfelle: Ambassador clear
  • Concert Tom: CS Black Dot

Electronics:

  • Roland TD-50
  • Roland PDX-100 10“ V-Drum Pads (2)
  • Roland KT-10 Kick Trigger Pedal
  • Roland BT-1 Bar trigger

Zubehör:

  • Cymbolts
  • Big Fat Snaredrum The Original
  • Sledgepad Bassdrum-Dämpfung

Equipment-Talk

Mark, was hat sich hinsichtlich deines Setups für die aktuelle Stadion-Tour im Vergleich zur Hallentour geändert?

Ich spiele jetzt ein Gretsch Broadcaster Set statt eines Brooklyn Sets. Meine Main Snare ist jetzt eine Hammered Chrome over Brass, treu geblieben bin ich meiner Signature 12“ Snaredrum als Side Snare. Ich spiele im Prinzip fast das gleiche Cymbal-Set, da hat sich nur wenig wirklich geändert, ich glaube, damals hab ich noch nicht die 15“ Groove Hats gespielt, die ich sehr mag. Mein P!nk-Setup hat sich in den letzten Jahren wirklich nur sehr wenig verändert.

Du spielst schon seit langer Zeit Gretsch Drums, Sabian Cymbals, Remo Felle und Vic Firth Sticks.

Ich bin jetzt schon seit 1995 offizieller Endorser von Vic Firth Sticks. Sticks sind für mich sehr wichtig, da sie die direkte Verbindung zwischen mir und meinen Instrumenten sind, ebenso wie die Pedale. Vor allem Sticks sind eine sehr persönliche Angelegenheit, denn wir fühlen selbst kleinste Veränderungen hinsichtlich Gewicht, Durchmesser und Länge. Für die meisten Pop- und Rock-Sachen spiele ich die X55B Sticks, so auch bei dieser Tour. Wenn ich mal jazzige oder leisere Sachen spiele, dann verwende ich auch leichtere Sticks.

Gretsch Drums habe ich schon als kleines Kind geliebt! Ich habe zwar in meiner Profi-Kariere auch andere Marken gespielt, die sehr gut waren, doch immer, wenn ich irgendwelche Produktionen eingespielt habe, dann habe ich den Produzenten und Toningenieuren gesagt, sie sollen mir einfach das hinstellen, was sie für richtig erachten. Und meistens waren es dann tatsächlich Gretsch Drums, welche mir zur Verfügung gestellt wurden. 2002 wurde ich Gretsch Endorser und bin seitdem sehr glücklich damit. Gretsch ist einfach cool!

Du spielst ja auch schon seit fast 30 Jahren Sabian Cymbals …

… weil ich ihren speziellen Sound so sehr mag! Jede Cymbal Company hat ihren eigenen, einzigartigen Klangcharakter. Als ich anfing, Sabian Cymbals zu spielen, da habe ich mich gleich sehr wohl damit gefühlt. Sie haben für jeden Style die passenden Cymbals – Rock, Pop, Jazz, Metal – für Recordings oder live, für den Gig im kleinen Club oder im Stadion – für mich einfach perfekt! Auch Remo Felle spiele ich schon seit den 90er-Jahren, weil sie für jede Situation die passenden Felle haben und weil ich mich damit – wie mit meinem anderen Equipment – einfach wohlfühle! Erwähnen und danken möchte ich allerdings noch meinem Drum-Tech Gary Grimm, der u. a. auch für Jeff Porcaro, Steve Gadd, Steve Jordan gearbeitet hat. Ich sage immer: „Gary, das sind nicht meine Drums, sondern deine. Ich darf die nur spielen.“ (lacht) Ich fühle mich auch richtig schuldig, wenn ich so wie gestern bei der ersten Köln Show ein Cymbal kaputt geschlagen habe – tja, manchmal geht es mit einem durch, wenn man in Stadien spielt! (lacht)

Bild: David Phillips


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