Buddy Rich

Was soll man über Buddy Rich schreiben, dessen Ruhm und Bekanntheitsgrad in Schlagzeugerkreisen höher und größer ist als bei jedem anderen? Einen Schlagzeuger, der schon zu Lebzeiten eine Legende war und der für die Meisten bis dato als der Drummer’s Drummer schlechthin gilt?

<figure class="caption"><figcaption> Buddy Rich an seinem Drumset °</figcaption></figure>

Auch wenn andere Schlagzeuger innovativer waren und mehr Swing in ihrem Spiel hatten, wenn es um eine virtuose Technik, unglaubliche Energie, unfassbare Geschwindigkeit und ein hohes Maß an Ideenreichtum und Wandlungsfähigkeit geht, so konnte und kann ihm vielleicht bis heute niemand das Wasser reichen.

Die Technik von Buddy Rich

Buddy Richs Technik war wirklich perfekt und vollkommen natürlich. Seine Fingerfertigkeit, seine Geschicklichkeit, seine Geschwindigkeit, seine Lockerheit sind unerreicht und gelten für viele als das höchste zu erreichende Ziel. Er beherrschte alles, sowohl rechts als auch links.

Ob es traditional grip oder matched grip war oder der einhändig gespielte Wirbel, es gab für ihn keinen Unterschied zwischen der rechten und der linken Hand. Seine linke Hand war ständig in Aktion und interagierte mit der Bassdrum, dass man oft dachte, da müsse mehr als ein Drummer zu Werke gehen.

„Almost everything I’ve done, I’ve done through my own creativity. I don’t think I ever had to listen to anyone else to learn how to play drums.“

Ohnehin war seine Koordination bemerkenswert. Auch das Tempo seiner spektakulären Crossover-Figuren, bei denen er die Arme beim Spiel von einer Trommel zur anderen kreuzte, entweder unter den Armen durch oder über die Arme drüber, waren so bis dahin noch nicht zu sehen, ebenso wie seine „Stick gegen Stick“-Technik. Dabei werden die Sticks in einer kreisförmigen Bewegung gegeneinander geschlagen, ähnlich wie bei einem Single Stroke Roll. Buddy Rich kam hierbei auf bis zu 20 Schlägen in der Sekunde!

In dem Video kann man die ausgefeilte Buddy-Technik bewundern:

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Und er konnte nicht nur ganz hervorragend mit Sticks umgehen, auch seine Besentechnik suchte seinesgleichen. Buddy Rich war dank seiner Musikalität, Virtuosität und seiner Improvisationskunst ein herausragender Solist. Er verstand es wie kaum ein anderer ein Solo auch über mehrere Minuten hin spannend und abwechslungsreich zu halten. Dynamische Wechsel zwischen energetischen und ruhigen Passagen zeichneten seine Soli aus.

Was für ein Mensch war Buddy Rich?

Er war absolut loyal, respektvoll, voll Selbstvertrauen, perfektionistisch, kontrovers, nicht selten cholerisch, sah herab auf Musiker ohne eigene Identität. Er besaß einen schwarzen Gürtel in Karate, hatte ein Faible für schöne schnelle Autos, liebte Spaghetti Bolognese, Steaks, Käsekuchen und Hot Dogs und mochte Filme über den Krieg.

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So sehr man Buddy Rich für seine Musikalität und sein Drumming auch verehrt, die menschliche Seite war nicht immer die des hilfsbereiten, freundlichen Kollegen, wenn er dies ohne Zweifel auch war. Er hatte ein sehr hitziges, oft anstrengendes und kompliziertes Temperament und erwartete immer den Respekt und auch den Perfektionismus von seinen Musikern, den er selbst an sich stellte.

In seinen beinahe schon cholerischen Wutausbrüchen drohte er seinen Musikern oft mit Rausschmiss aus der Band, tat es dann aber letztendlich doch eher selten, im Gegenteil: Vor allem in Interviews und in TV-Shows lobte er das Können seiner Kollegen außerordentlich.

Dennoch existieren so einige heimliche Mitschnitte aus Tourbussen oder aus Backstage von seinen Wutanfällen, denen er mitunter auch den unschönen Spitznamen „Ruddy Bitch“ zu verdanken hatte.

Unter all dieser Härte muss allerdings laut Aussagen seiner Frau Marie Allison, seiner 1954 geborenen Tochter Cathy, seiner Familie und von engen Freunden ein weiches, warmes, sensibles und großzügiges Herz gesteckt haben.

Buddy Rich: Vom Kinderstar zum Jazz Drummer

Buddy Rich wurde am 30. September 1917 in Brooklyn in New York City geboren. Seine jüdischen Eltern Robert und Bess Rich hatten eine eigene Vaudeville-Show mit der sie ständig unterwegs waren.

Schon mit 18 Monaten saß der kleine Bernard das erste Mal als Schlagzeuger auf der Bühne, und so sollte sein Leben auch für die nächsten 70 Jahre bleiben. Sein Vater entdeckte das Talent seines Sohnes als er feststellte, dass der damals erst einjährige Bernard einen Rhythmus ohne Probleme und absolut gleichmäßig mit Löffeln mitklopfen konnte.

„Every drummer that had a name, had a name because of his individual playing.“

Bereits mit vier Jahren war er fester Bestandteil der Show seiner Eltern, angekündigt als „Traps, the Drum Wonder“. Aber er spielte nicht nur Schlagzeug, er war auch ein herausragender Stepptänzer und ein großartiger Sänger. Auftritte am Broadway waren die Folge. Mit elf Jahren leitete er dann seine erste kleine eigene Band und tourte mit ihr durch die USA.

Buddy Rich war ein Kinderstar, nach Jackie Coogan der zweitbestbezahlte auf der Welt. Doch irgendwie reichte ihm das nicht, er fühlte sich nicht erfüllt. Ohne jemals auch nur eine einzige Stunde Schlagzeugunterricht erhalten zu haben, als vollkommener Autodidakt, nach eigenen Angaben sogar ohne jemals geübt oder sich besonders intensiv mit Technik oder ähnlichem auseinandergesetzt zu haben, wollte er es wissen.

Er wollte ein richtiger Jazzmusiker werden und zwar einer der Besten, wie seine großen Vorbilder Chick Webb, Gene Krupa, Dave Tough oder Jo Jones.

Der Durchbruch von Buddy Rich

1937 ist der Startpunkt seiner Laufbahn als Jazz-Drummer. Buddy Rich stieß zur Band von Joe Marsala und spielte mit ihm eine Zeit lang im „New York’s Hickory House“, wechselte 1938 zu Bunny Berigan und 1939 zu Artie Shaw (damals der populärste Klarinettist im Swing).

Im selben Jahr ging er dann für drei Jahre zu Tommy Dorsey, ein großer Schritt für seine Karriere. Hier wurde schon allen so langsam klar: Buddy Rich ist der neue Star am Schlagzeugerhimmel.

„I consider every drummer that ever played before me an influence, in every way.“

Es folgten unzählige Engagements wie zum Beispiel bei Frank Sinatra (ebenfalls ein ehemaliges Mitglied der Tommy Dorsey Band), Benny Carter, Charlie Parker, Lester Young, Art Tatum, Lionel Hampton, Harry James, Les Brown, Dizzy Gillespie, Dexter Gordon, Thelonious Monk, Louis Armstrong und Charlie Ventura, später auch wieder bei Tommy Dorsey.

Er wirkte bei der berühmten Konzertreihe „Jazz At The Philharmonic“ mit, spielte hin und wieder in All-Star Bands, machte erste nicht ganz so erfolgreiche Gehversuche als Bandleader, stand ab und an für Hollywoodfilme vor der Kamera, und er war dank seines Humors und seiner Popularität ein gern gesehener Gast in großen TV-Shows.

Selbst bei der Muppets Show trat Buddy auf: 

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In diesen fast dreißig Jahren, in denen er als bestbezahlter Sideman seiner Zeit für andere Bandleader arbeitete (zeitweise sogar hauptamtlich als Sänger), wurde eine Idee in ihm immer stärker: eine eigene erfolgreiche große Big Band zu leiten.

Die Buddy Rich Big Band

Als er seinem Freund Frank Sinatra von seinem Traum erzählte fackelte dieser nicht lange, langte in seine Tasche, füllte ihm einen Scheck über sage und schreibe 40.000 US-Dollar aus, überreichte Buddy Rich diesen als Startkapital und wünschte ihm viel Glück.

Von dieser Stunde im Jahr 1966 an war er nicht nur mehr Sideman, er war Leiter einer Big Band und das für die nächsten Jahrzehnte. Obwohl der Zenit für Big Bands schon lange überschritten war, bewies Buddy Rich ein glückliches Händchen und konnte seine Band über all die Jahre hinweg bis zu seinem Tod erfolgreich führen.

„But I think that any young drummer starting out today should get himself a great teacher and learn all there is to know about the instrument that he wants to play.“

In seiner Band spielten im Laufe der Zeit zahlreiche bekannte Jazzmusiker wie zum Beispiel Don Menza, Art Pepper, Al Porcine, Pat La Barbera oder Steve Marcus. Er wurde dank der hochkarätigen Qualität seiner Musiker auch des Öfteren mit seiner Big Band von anderen Musikgrößen als Begleitband gebucht, wie z. B. von Frank Sinatra oder Jackie Gleason.

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Direkt zu Beginn seiner eigenen Big Band im Jahr 1966 sollten Aufnahmen entstehen, die zu den legendärsten und bekanntesten Aufnahmen Buddy Richs und seines Orchesters schlechthin zählen: „The West Side Story Medley“ aus dem Album „Buddy Rich’s Swingin’ New Big Band“ gilt als eines der komplexesten und schwierigsten Arrangements, die jemals geschrieben wurden.

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Das zwölf Minuten lange Medley mit seinen vielen Tempowechseln basiert auf den Melodien des Musicals „West Side Story“ von Leonard Bernstein und wurde von Bill Reddie arrangiert. Sogar Buddy Rich sah in diesem Stück eine Herausforderung für sich selbst.

„I think it’s a fallacy that the harder you practice the better you get. You only get better by playing.“

Der Song benötigte einen Monat an harter Probearbeit um ihn zu perfektionieren. Seitdem gehörte er zum festen Repertoire der Band, wenn auch manchmal etwas umarrangiert. Obwohl Buddy Rich sein eigenes Orchester leitete war er auch immer wieder ein gern gesehener Gast bei Sessions und Aufnahmen.

Ella Fitzgerald, Louis Armstrong, Pianist Oscar Peterson oder Gitarrist Herb Ellis und Bassist Ray Brown (um nur einige zu nennen) nahmen nur zu gerne seine Dienste in Anspruch. Nebenher führte er auch noch zwei Nachtklubs: Buddy’s Place I und Buddy’s Place II.

Zwischen den weltweiten Tourneen und Auftritten trat er regelmäßig dort mit seiner Band auf und sorgte damit stets für gefülltes Haus. Viel lieber trat er an High Schools, Colleges und Universitäten auf.

„As far as music school goes, I walked through Berklee College one time to visit with some people I know.“

Wann ist Buddy Rich gestorben?

1983 fingen dann die ersten gesundheitlichen Probleme an. Aber Buddy Rich gab immer 100% für die Musik und schonte sicht bis zuletzt nicht.

Ein Hirntumor wurde leider zu spät erkannt. Kurz vor seinem Tod richtete er noch eine Bitte an seinen Biographen Mel Tormé (die Biographie erschien unter dem Titel: „Traps, the Drum Wonder: The Life of Buddy Rich): Er wollte die heimlichen Mitschnitte seiner Wutausbrüche hören, welche Mel Tormé von Buddys Musikern erhalten hatte.

Am 2. April 1987 starb Bernard „Buddy“ Rich überraschend im Alter von 69 Jahren während einer Notoperation an Herzversagen. Buddy wurde im Westwood Village Memorial Park Friedhof in Los Angeles beigesetzt. Sein langjähriger Freund Frank Sinatra hielt höchstpersönlich eine sehr bewegende Grabesrede.

Im Laufe seiner Karriere wurden Buddy Rich zahlreiche Ehrungen zuteil: der „Downbeat Magazine Hall of Fame Award“, der „Modern Drummer Magazine Hall of Fame Award“ und der „Jazz Unlimited Immortals of Jazz Award“ sollen hier nur als Beispiele erwähnt werden. Auch nach seinem Tod wird das musikalische Erbe von Buddy Rich weiter geehrt.

Es fanden und finden Gedächtniskonzerte und Aufnahmen seiner ehemaligen Big Band mit Gastschlagzeugern statt: Louie Bellson, Max Roach, Joe Morello, Steve Gadd, Vinnie Colaiuta, Neil Peart, Phil Collins, Kenny Aronoff, Dave Weckl, Simon Philips, Steve Smith, Dennis Chambers, Marvin „Smitty“ Smith, Ed Shaughnessy, Matt Sorum, Bill Bruford und viele mehr huldigen auf Konzerten und auf Aufnahmen immer noch ihrem großen Idol.

Drummer über Buddy Rich

„The greatest drummer ever to have drawn breath." Gene Krupa

„I don’t know if he learned anything from me, but I certainly learned a lot from him.“ Gene Krupa

„Give him a long drum solo and he’ll just blow the place up.“ Joe Morello

„Buddy Rich is just incredible. He’s a great, fantastic player. If it can be done on a drum, he can do it ... this man can play!“ Ed Thigpen

„That damn fool knows the instrument.“ Jo Jones

„Buddy has something no other drummer had, or will ever have. I don’t know how it came about and I don’t think he does either. It doesn’t matter.“ Mel Lewis

„Buddy’s the kind of cat that I would pay to listen to and watch.“ Grady Tate

Gene Krupa & Buddy Rich im Drum-Battle: 

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Autor: Timo Ickenroth

Buddy Rich Diskografie

Buddy Rich Orchestra

  • One Night Stand – 1946
  • Buddy Rich and His Legendary 1947–48 Orchestra
  • Buddy Rich And His Orchestra – 1946–1948 (1999)
  • Complete Buddy Rich: 1946–1956

Buddy Rich Big Band

  • Swingin’ New Big Band (1966)
  • The Sounds of ’66 (1966)
  • Big Swing Face (1967)
  • The New One! (1968)
  • Mercy, Mercy (1968)
  • Buddy & Soul (1969)
  • Keep the Customer Satisfied (1970)
  • A Different Drummer (1971)
  • Very Alive at Ronnie Scott’s (1971)
  • Stick It (1972)
  • Buddy Rich in London (1972)
  • The Roar of ’74 (1973)
  • Ease On Down the Road (1987)
  • Big Band Machine (1975)
  • Speak No Evil (1976)
  • Buddy Rich Plays and Plays and Plays (1977)
  • Europe 77 (1993)
  • Class of ’78 (1977)
  • Together Again: For the First Time (1978)
  • Live at Ronnie Scott’s (1980)
  • The Buddy Rich Band (MCA, 1981)
  • Buddy Rich Big Band Featuring Richie Cole – Big Cole (1982)
  • Rich and Famous (1983)
  • Mr. Drums: Buddy Rich & His Band Live on King Street (1985)
  • At Stadthalle Leonberg, Germany 10th July 1986 (1994)
  • The Solos (2014)
  • Birdland (2015)

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